Ernst Zander-Preis 2021

Am 27.8.2021 wurde der Ernst Zander-Preis 2021 vergeben. Durch diesen von Herrn Prof. Dr. Ernst Zander gestifteten Preis werden alljährlich herausragende wissenschaftliche Leistungen (vorrangig Dissertationen) aus allen Fakultäten der Ruhr-Universität, insbesondere aus den Fakultäten für Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft und Ingenieurwissenschaft ausgezeichnet. Die Auswahl der preiswürdigen Arbeiten erfolgt - auf Vorschlag des Instituts für Unternehmensführung (ifu) der Ruhr-Universität Bochum - durch den Vorstand der Alwin Reemtsma-Stiftung, dem u.a. die Kanzlerin der Ruhr-Universität angehört, die auch die diesjährige Preisverleihung vorgenommen hat.

In diesem Jahr wurde der Preis wie bereits mehrfach in den Vorjahren geteilt. Ausgezeichnet wurden Frau Dr. Kristin Kalies („Beiträge zur Steuerwirkung und Steuerplanung“, Betreuer: Prof. Dr. Heiko Müller), Herr Dr. Timo Klünder („Bedeutung und Bewertung der Nachhaltigkeit im Kontext von Industrie 4.0“, Betreuerin: Prof. Dr. Steven) und Herr Dr. Sebastian Wagener, („Studies on Performance Measurement, Due Diligence and Information Systems“, Betreuer: Prof. Dr. Thorsten Knauer).

Frau Dr. Kristin Kalies ist seit Oktober 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre von Herrn Prof. Dr. Heiko Müller tätig.

Herr Dr. Timo Klünder ist seit Oktober 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktionswirtschaft von Frau Prof. Dr. Marion Steven tätig.

Herr Dr. Sebastian Wagener war von März 2016 bis Juni 2020 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Controlling von Herrn Prof. Dr. Thorsten Knauer tätig. Nach Abschluss seines Promotionsverfahrens hat Herr Dr. Wagener im Juli 2020 eine Beschäftigung als Business Unit Controller bei der dSPACE GmbH aufgenommen.

Das Foto zeigt v.l.n.r.: Dr. Timo Klünder, Dr. Christina Reinhardt, die Kanzlerin der RUB, die die diesjährige Preisverleihung vorgenommen hat, sowie Dr. Sebastian Wagener. Die dritte Preisträgerin, Frau Dr. Kristin Kalies, konnte krankheitsbedingt nicht an der Preisverleihung teilnehmen.
© RUB, Kramer

Beiträge zur Steuerwirkung und Steuerplanung

Das deutsche Steuersystem ist nicht entscheidungsneutral ausgestaltet. So kann es sein, dass sich die Vorteilhaftigkeit einer Handlungsalternative in einer Welt mit Steuern von jener in einer Welt ohne Steuern unterscheidet. Sofern die verschiedenen Handlungsalternativen in unterschiedlichem Ausmaß von der Besteuerung betroffen sind, kann die Berücksichtigung der Steuern zu einer Rangfolgeänderung der Vorteilhaftigkeit der Handlungsalternativen führen. In diesem Fall beeinflusst die Besteuerung selbst die Entscheidung über die Wahl der Alternative, es liegt eine Steuerwirkung vor.

Frau Dr. Kristin Kalies beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der Entscheidungswirkung der Ertragsbesteuerung und steuerplanerischen Gestaltungen. Zunächst werden die Steuerwirkungen und Steuergestaltungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der besonderen Veräußerungsgewinnbesteuerung gemäß § 34 EStG analysiert. Mittels Steuerbelastungs-vergleichen und Indifferenzgleichungen werden im Rahmen einer Tarifanalyse steuerlich vor- bzw. nachteilige Einkommenskonstellationen der besonderen Veräußerungsgewinnbesteuerung identifiziert. Anschließend werden die Steuerwirkungen untersucht, die sich im Rahmen der Besteuerung von Investmentfonds nach dem Investmentsteuerreformgesetz ergeben. Unter Verwendung kombinierter Ertragsteuersätze werden permanente und temporäre Steuerbelastungsdifferenzen der Aktienfondsanlage zur Aktiendirektanlage im Privatvermögen berechnet. Darauf aufbauend werden die aus den unterschiedlichen Besteuerungskonzepten resultierenden Effekte in einem mehrperiodischen Modell untersucht und die für einen steuerlichen Vorteilhaftigkeitsvergleich wesentlichen Parameter identifiziert.

Bedeutung und Bewertung der Nachhaltigkeit im Kontext von Industrie 4.0

Herausforderungen wie der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union oder der demografische Wandel fordern eine Steigerung der ökonomischen Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Auch die weltweiten Klimaveränderungen stellen eine Herausforderung für die Produktion dar. Die Steigerung der ökologischen Leistungsfähigkeit ist notwendig, um den Temperaturanstieg zu stabilisieren und das 1,5 °C-Ziel zu erfüllen. Für mehr als ein Drittel aller Verbraucher stellt eine sozial gerechte Produktion ein relevantes Konsumkriterium dar. Eine Steigerung der sozialen Leistungsfähigkeit ist für viele Unternehmen daher ebenfalls unabdingbar. Die Bewältigung dieser ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen ist eine komplementäre Gestaltungsaufgabe, deren gemeinsames Ziel eine nachhaltige Entwicklung darstellt. Solch fundamentale Veränderungen in der Produktion kann die so genannte vierte industrielle Revolution, aufgrund ihres digitalen Charakters in Anlehnung an die Versionsbezeichnungen von Software auch als Industrie 4.0 bezeichnet, auslösen. Der Übergang zur Industrie 4.0 verlangt von den Unternehmen neben einer nachhaltigen, auch eine kooperative Wertschöpfung.

Herr Dr. Timo Klünder entwickelt ein ganzheitliches, anwendungsorientiertes und empirisch untermauertes Instrument zur ad-hoc-Auswahl des am besten geeigneten Kooperationspartners zur Aufrechterhaltung oder Etablierung einer nachhaltigen Produktion. Nachdem eine Analogie zwischen dem Produktionskonzept Lean Production und dem Produktionsparadigma Industrie 4.0 gezogen wird, werden die methodischen, gestalterischen und inhaltlichen Prinzipien der Lean Production adaptiert. Dieser analoge Transfer bildet die Grundlage der Entwicklung eines anwendungs- und eines analyseorientierten Benchmarking-Instrumentes zur Auswahl eines geeigneten Kooperationspartners. Während der anwendungsorientierte Industrie 4.0-Nachhaltigkeitswürfel eine transparente, benutzergerechte und flexible Möglichkeit zur Auswahl eines Kooperationspartners darstellt, trägt das analyseorientierte Industrie 4.0-Nachhaltigkeits-Benchmarking zu einem tieferen Verständnis der Entscheidungssituation bei. Dieses Verfahren wird durch die Befragung von zwölf Experten, die Anwendung des Analytischen Hierarchieprozesses sowie das Outranking-Verfahrens PROMETHEE ermöglicht. Die Integration dieser Verfahren ermöglicht es, Kooperationsentscheidungen strukturierter und nachhaltiger als bei rein intuitiver Entscheidungsfindung zu treffen.

Studies on Performance Measurement, Due Diligence, and Information Systems

Die Messung des Erfolgs bildet traditionell einen Schwerpunkt des Rechnungswesens. Kennzahlen wie Umsatz, Jahresergebnis und Produktivität dienen nicht nur der effektiven Unternehmenssteuerung, sondern auch als kontinuierlicher Gradmesser für Entscheidungsträger wie Unternehmen. Eine entsprechend hohe Bedeutung kommt den Daten zur Ermittlung der Performance zu. Allerdings verändert die Digitalisierung die Datenaufbereitung und -analyse im Rechnungswesen, und damit zugleich den Prozess der Leistungsmessung, nachhaltig.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet Herr Dr. Sebastian Wagener unterschiedliche Facetten dieses Themenkomplexes in seiner kumulativen Dissertation. Einerseits kann die motivierende Wirkung von Feedback einfacher Leistungsindikatoren auf individueller Ebene nachgewiesen werden. Andererseits wird die verbreitete Anwendung bilanzpolitischer Maßnahmen im mittleren Management, mit dem häufigen Bestreben Ergebnisziele zu erreichen, dargelegt. Die Unternehmensleistung stellt zudem einen zentralen Untersuchungsschwerpunkt der käuferseitigen Prüfungen vor Unternehmenstransaktionen (der sogenannten Due Diligence) dar, deren Verbreitung und Ausgestaltung in der Arbeit eingehender untersucht werden.

Aufgrund der maßgeblichen Veränderungen der Leistungsmessung durch die Digitalisierung analysiert die Dissertation zudem den Einfluss der IT-Systeme im Controlling. Im Vordergrund steht dabei insbesondere die Eignung innovativer Technologien, wie der Blockchain und robotergestützten Prozessautomatisierung (RPA). Diese Entwicklungen zeigen das Potenzial zu signifikanten Prozessvereinfachungen beizutragen.