Ernst Zander-Preis 2024
Am 8.5.2024 wurde der Ernst Zander-Preis 2024 vergeben. Durch diesen von Herrn Prof. Dr. Ernst Zander gestifteten Preis werden alljährlich herausragende wissenschaftliche Leistungen (vorrangig Dissertationen) aus allen Fakultäten der Ruhr-Universität, insbesondere aus den Fakultäten für Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft und Ingenieurwissenschaft ausgezeichnet. Die Auswahl der preiswürdigen Arbeiten erfolgt -auf Vorschlag des Instituts für Unternehmensführung (ifu) der Ruhr-Universität Bochum- durch den Vorstand der Alwin Reemtsma-Stiftung, dem u.a. die Kanzlerin der Ruhr-Universität angehört, die auch die diesjährige Preisverleihung vorgenommen hat.
In diesem Jahr wurde der Preis wie bereits mehrfach in den Vorjahren geteilt. Ausgezeichnet wurden Herr Dr. Matthias Grot (“Decision Support for Emergency Medical Service Location Planning Using Simulation-Optimization”, Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Werners) und Herr Dr. Jan David Hendricks („Rechtsdurchsetzung mittels Legal Tech-Plattformen“ (Betreuerin: Prof. Dr. Katharina Uffmann).
Herr Dr. Matthias Grot war von Oktober 2018 bis Juli 2023 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Operations Resaerch der Ruhr-Universität Bochum von Frau Prof. Dr. Brigitte Werners tätig. Derzeit arbeitet er als Data Scientist im Bereich Strategie, Data und Analytics bei der Barmer.
Herr Dr. Jan David Hendricks war von Oktober 2019 bis Dezember 2023 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Recht der Familienunternehmen der Ruhr-Universität Bochum von Prof. Dr. Katharina Uffmann tätig. Derzeit befindet er sich im juristischen Vorbereitungsdienst.
Das Foto zeigt v.l.n.r.: Dr. Christina Reinhardt, Dr. Matthias Grot, Dr. Jan David Hendricks und Prof. Dr. Brigitte Werners.
©ifu, Feldmann
Decision Support for Emergency Medical Service Location Planning Using Simulation-Optimization
In den letzten Jahren sind die Einsatzzahlen des Rettungsdienstes in Deutschland stetig gestiegen. Unter anderem der Klimawandel und hiermit verbundene extreme Wetterereignisse wie bspw. Hitzewellen und der demographische Wandel sind wesentliche Gründe für ein ansteigendes Notfallaufkommen. Insbesondere für kritische Notfälle gilt, je früher die medizinische Erstversorgung erfolgt, desto höher ist die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten. Dazu ist der Kontakt zwischen Rettungspersonal und Patient schnellstmöglich herzustellen. Je näher zum Einsatzort ein verfügbarer Rettungstransportwagen (RTW) zur Verfügung steht, desto schneller kann die Erstversorgung stattfinden. Entscheidungen bezüglich einer geeigneten Anzahl und Positionierung von Wachstandorten und RTWs sind die Voraussetzung einer effizienten operativen Notfallversorgung. Allerdings sind die Ressourcen wie Rettungswachen, RTWs oder qualifiziertes medizinisches Personal zur bedarfsgerechten Versorgung begrenzt. Es besteht daher eine Notwendigkeit zur kontinuierlichen Evaluation des zugrundeliegenden Versorgungsnetzwerks, um sicherzustellen, dass die verfügbaren Ressourcen effizient genutzt werden und die bestmögliche Versorgungsqualität gewährleistet ist.
Herr Dr. Grot entwickelt innovative Optimierungsansätze, um verschiedene Aspekte der strategischen und taktischen Standortplanung im Kontext zeitlich kritischer Notfallversorgung zu untersuchen. Die Optimierungsmodelle werden mittels einer der führenden Standardsoftware für mathematische Optimierung GUROBI implementiert, gelöst und anschließend mittels Simulation ausgewertet. Die Optimierungsmodelle entscheiden über die Positionierung einer begrenzten Anzahl von Rettungswachen und RTWs sowie die Zuordnung von Stadtgebieten bzw. Planquadraten zu den Rettungswachen, um die Versorgungsqualität unter verschiedenen Aspekten zu evaluieren. Im Vordergrund stehen Effizienzkriterien wie der Erreichungsgrad, der den Anteil aller Notfalleinsätze beschreibt, die innerhalb einer vorgegebenen Zeit erreicht werden, Fairnesskriterien, die eine gleichmäßige Erreichung sämtlicher Stadtgebiete berücksichtigen sowie ganzheitliche Betrachtungen der Verteilung aller Erreichungszeiten. Die Berücksichtigung von Unsicherheit in sämtlichen Modellen führt zu einer adäquaten Darstellung der Realität. Die Ergebnisse der Simulationen zeigen anhand anonymisierter realer Einsatzdaten die Umsetzung der im jeweiligen Kontext optimalen Lösungen und deren Auswirkungen auf die Kriterien zur Beurteilung der Versorgungsqualität. So können verschiedene Entscheidungen untersucht und die resultierenden Konsequenzen analysiert werden, um die Entscheidungsträger in ihrer Arbeit zu unterstützen.
Rechtsdurchsetzung mittels Legal Tech-Plattformen
Legal Tech und Rechtsdurchsetzung. Das eine – Legal Tech – ist ein Begriff, der in den vergangenen Jahren auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt in aller Munde war. Digitalisierung und Automatisierung sind nach InsurTech, FinTech und MedTech mit Legal Tech auch im Rechtsmarkt angekommen. Verbunden sind damit nicht nur forschende Neugier und Faszination, sondern auch Existenzsorgen. Das andere – Rechtsdurchsetzung – betrifft nichts weniger als das Fundament des Rechtsstaats: Jedes Recht ist wertlos, wenn es nicht durchgesetzt werden kann. Das gilt für individuelle Ansprüche genauso wie für die Gesamtrechtsordnung. Was aber verbindet Legal Tech und Rechtsdurchsetzung?
Herr Dr. Hendrick suntersucht diese Verbindung, indem er zunächst Lücken im klassischen System privater Rechtsdurchsetzung identifiziert und deren Ursachen anhand verhaltensökonomischer und empirischer Erkenntnisse herausarbeitet. Lücken bestehen insbesondere bei besonders geringen Schadenshöhen aufgrund rationalen Desinteresses der Anspruchsinhaber und bei Massenschäden, in denen meist eine David gegen Goliath-Situation zwischen Schädiger und Geschädigtem besteht. In einem zweiten Schritt wird ein neues Dienstleistungsmodell von Legal Tech-Anbietern vorgestellt, die Anspruchsinhabern bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen und die bisherige Rechtsdienstleistungsinfrastruktur aus Anwälten, Rechtsschutzversicherern und Prozessfinanzierern ergänzen. Die positiven Auswirkungen dieser Dienstleister auf die identifizierten Rechtsdurchsetzungslücken, aber auch die von deren Geschäftsmodell ausgehenden Gefahren werden analysiert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden der Rechtsrahmen für Rechtsdienstleistungen bewertet und umfassende Reformvorschläge erarbeitet, um insgesamt die Rechtsdurchsetzungslücken zu schließen und Reibungspunkte mit dem Berufsrecht der Rechtsanwälte zu beseitigen.